Vier-Länder-Fixie-Tour

Florian, 34


Nach etwas mehr als 181 Kilometern und 8:20 Stunden Einsatz ist es so weit: das Velo hat seinen Job getan und darf sich nach gemeisterter Challenge ausruhen. Passend der Name der Unterkunft: was das Fixie wohl nach einem solchen Tag reflektiert?

Meine Challenge
Vier Länder an einem Tag – und das mit einem 15-jährigen Ein-Gang-Velo. Eine absolute Schnapsidee? Geschenkt. Und doch war genau das meine persönliche Challenge.

Der Plan war relativ einfach: Von Aachen (Deutschland) wollte ich nach Maastricht (Niederlande) fahren, um von dort aus dem traumhaften «Maasradweg» (EuroVelo 19) quer durch Belgien (Lüttich, Huy, Namur) bis nach Givet (Frankreich) zu folgen.

Ohne grosse Veloerfahrung (persönlicher Rekord: etwas über 70 Kilometer) und ohne grosses Vorbereitungstraining, rechnete ich kaum damit, die Challenge erfolgreich abschliessen zu können. Als ich um 7 Uhr morgens vor dem Hotel in Aachen stand und mir eine garstige Kälte von unter 0 Grad entgegenblies, sah ich meine Chancen auf unter 10% schwinden.

Neben der Kälte und meinem Fitnesszustand machte mir vor allem mein Velo Sorgen: der schmale Lenker führt zu einer unnatürlichen und unbequemen Körperhaltung, der einzelne Gang lässt jeden kleinen Hügel zur Alpe d’Huez mutieren und die schmalen Pneus laden auf den belgischen Pavés den gefürchteten Platten förmlich ein.

Umso überraschter war ich, wie gut es mir über den ganzen Tag hinweg ging. Die Kälte war schnell vergessen und das Velo lief wie geschmiert. Am eindrücklichsten war für mich, wie leicht es war, die schweren Beine mental zu überlisten: Ich gönnte mir immer zur vollen Stunde einen Snack (Riegel, Gel oder Gummibärchen), hatte anschliessend für eine halbe Stunde wieder richtig Energie und musste danach nur eine halbe Stunde durchbeissen bis zum nächsten Snack.

Den grössten Boost gaben mir aber zwei belgische «Gümmeler». Als ich sie überholte, meinte der eine zum anderen: «Oh regarde, le mec fait 25 [km/h] avec un Fixie. Il est fou!», und ich dachte mir nicht ganz ohne Stolz, «Jap – und das mit 150 Kilometern in den Beinen!». Obwohl mein Hintern langsam echt wehtat, übernahm ab da mein geschmeicheltes Ego und liess die letzten 30 Kilometer fast schon verfliegen.

Was sind deine Learnings aus dieser Erfahrung?
Je besser die Vorbereitung, umso weniger Bedenken vor und während dem Event (Wetter, Nahrung).

Eigentlich bereits bekannt, aber mehr denn je bewährt: Aufteilung eines unmöglich scheinenden Ziels (180 Kilometer bis Givet) in mehrere kleine Teilziele (30 Kilometer bis Maastricht, 40 Kilometer bis Lüttich, usw.) hilft enorm.

Carbo-Gels sind ein Wundermittel, auf welches ich zukünftig nicht mehr verzichten werde.

Ausdauersport ist mehr mentale als körperliche Herausforderung.

Ich kann mehr, als ich mir zugetraut habe.

Was hat die Challenge erschwert? Was war hinderlich?
Die Wettervorhersagen (Kälte, Schneeregen) haben mich fast dazu gebracht, die Challenge gar nicht anzutreten.

Die Reaktionen von Bekannten, die sehr gut und oft Radfahren, haben mir Bauchschmerzen bereitet. Sie waren sich alle einig, dass das eine ziemlich dumme Idee ist.

Was hat dir geholfen, die Challenge zu meistern? Was war förderlich?
Kleine Etappenziele.

Belohnungen (Snacks).

Mantras ("Noch 55 Kilometer. 14 Minuten pro 5 Kilometer. 14 Minuten treten ist absolut kein Problem. Noch 55 Kilometer. 14 Minuten pro 5 Kilometer. 14 Minuten treten ist absolut kein Problem. usw.")

Die Aussicht auf eine warme Dusche und ein belgisches Bier am Ende.