Shivani
Varma

Studentin Universität St.Gallen



Mein zweites Zuhause

KREUZLINGEN/ST.GALLEN – Die ersten Lebensjahre ist Shivani Varma in Dubai und Kuwait aufgewachsen, bevor sie im Alter von 4 Jahren mit ihrer indischen Familie nach Kreuzlingen gezogen ist. Ihre gesamte Schulzeit verbrachte sie im SBW Haus des Lernens, die sie diesen Sommer nach 13 Jahren an der International School (Talent-Campus Bodensee) mit einem Triple-A abgeschlossen hat. Vor ein paar Wochen ist sie an der Universität St.Gallen ins Assessment-Jahr eingestiegen. Ein Besuch an ihrer neuen Ausbildungsstätte.

Von Mark Riklin

Ein Freitagmorgen, kurz vor halb elf Uhr. Im Eingangsbereich des Square, dem neuen Glasbau der Universität St.Gallen, treffe ich auf Shivani Varma (18), eine junge Studentin, die hier seit ein paar Wochen ein- und ausgeht. Während wir uns in der Lounge einen ruhigen Platz suchen, läuft im Hintergrund eine öffentliche Veranstaltung zum Thema «Führung in der Krise». 40 Minuten bleiben uns bis zur nächsten Vorlesung «Einführung ins Privatrecht», um uns über ihren Werdegang zu unterhalten.

Beiläufiges Lernen

Schon als Kind sei sie immer wieder mit Fragen und Begriffen rund um das Thema Wirtschaft in Kontakt gekommen. Wenn ihr Vater, CEO bei der AcquaSuisse AG, beim Kochen oder Blumengiessen Business-Gespräche führte, habe sie zugehört und Fachbegriffe aufgeschnappt, die irgendwann auf ganz selbstverständliche Art und Weise hängengeblieben sind: Innovation, Contract, Conference, Water Development, Water Desalination etc. Eine wirksame Form des unbeabsichtigten Lernens, bei dem über alle Sinne beiläufig gelernt wird. Ein unangestrengter, natürlicher Zugang zu Inhalten, die in Shivani ein natürliches Interesse für Wirtschaftsfragen entfachen liess.

Vom Kindergarten bis zum A-Level

Ein Sprung zurück in die Kindheit. Geboren ist Shivani Varma in Dubai, mit zwei Jahren ist sie nach Kuwait umgezogen, mit 4 nach Kreuzlingen. Seither lebt sie mit ihren Eltern hier, hat die gesamte Schulzeit an der ISKK verbracht, die ersten 7 Jahre im Doldenhof, die folgenden 6 im Talent-Campus Bodensee. «Hier habe ich ein Fundament aus internationaler Multikultur, Schweizer Werten und lokaler Kultur erhalten», sagt Shivani. «Diese Grundlage hat mich zu der Person geformt, die ich heute bin.» Diesen Sommer hat sie in den Fächern Deutsch, Mathematik und Volkswirtschaft mit einem Triple-A abgeschlossen. Eine ideale Ausgangslage für ein Studium der Volkswirtschaftslehre, das sie an der Universität St. Gallen nach dem Assessment-Jahr im englischsprachigen Track anstrebt.

Charity-Projekte

«Die SBW ist in all diesen Jahren zu meinem zweiten Zuhause geworden», sagt Shivani. «Alle waren für mich da, haben mich unterstützt, dafür bin ich sehr dankbar.» Es habe sich angefühlt wie in einer Familie, in der alle zusammenhalten. Besonders wertvoll seien die Charity-Projekte gewesen wie zum Beispiel der «Run for Nepal», die viel zur Persönlichkeitsbildung beigetragen, Geist und Herz für andere Menschen und Lebensrealitäten geöffnet hätten. Als im Frühling 2022 ukrainische Flüchtlingskinder im Talent-Campus Bodensee aufgenommen wurden, brachte Shivani Kindern als Tutorin die Grundlagen der deutschen Sprache bei, damit sie sich im Schweizer Alltag verständigen können. Eine prägende Erfahrung.

Einkommensgerechtigkeit

«Shivani ist die Verkörperung des ‘Nirwana’, der ruhige, stille Geist, der auf intellektueller und spiritueller Ebene ständig aktiv ist», sagt Sanjay Teeluck, der Shivani als Co-Leiter des Talent-Campus Bodensee 13 Jahre begleitet hat. Die junge Frau weiss ganz genau, was sie will und wovon sie träumt: den Bachelor machen, zwei bis drei Jahre im Bereich Politikgestaltung arbeiten, zum Beispiel bei Organisationen wie dem SECO, der Schweizerischen Nationalbank, den Vereinten Nationen oder der Weltbank. Anschliessend einen höheren Bildungsabschluss machen und in einem Zweig der Makroökonomie forschen, um die Einkommensverteilung zu verstehen und Modelle zu entwickeln, die weltweit zu einer Verbesserung der Einkommensverteilung beitragen. Als Vorbild könne die Schweiz dienen, da die Einkommensunterschiede im Vergleich zu Südasien oder Lateinamerika um einiges geringer seien.

Integration in die Schweizer Gesellschaft

Shivani fiel es leicht, sich als Ausländerin indischer Herkunft in der Schweiz zurechtzufinden. «Ich wurde sehr herzlich empfangen und fand ein Umfeld vor, in das ich mich ganz natürlich einfügen konnte. Es gibt viele Geschichten und Situationen, von denen man hört, dass Ausländer, die in ein neues Land einwandern, keine einladende Umgebung vorfinden und Mühe haben, sich einzufügen. Für mich war das ganz anders. Ich fühlte mich sofort wohl, konnte all die Qualitäten der Schweiz und des Thurgaus in Verbindung mit internationalen Werten erleben.» Die bevorstehende Einbürgerung sei für sie ein natürlicher Schritt zur weiteren Integration in die Schweizer Gesellschaft.

Einbürgerungsfeier

Szenenwechsel. Rathaus Weinfelden, am Mittwochmorgen des 25. Oktober 2023, 09:40 Uhr. Heute ist es soweit. Auf der Tagungsordnung Nr. 64 der laufenden Legislatur stehen über 200 Einbürgerungsgesuche. Auf Empfehlung der Justizkommission wird diesen mit grosser Mehrheit zugestimmt. Auch jenem von Shivani, die sich riesig über diesen Meilenstein freut und beim anschliessenden Apéro im Gasthaus zum Trauben von Familie und Freunden Gratulationen entgegennimmt. «Ich fühle mich in der Schweiz zuhause und bin bestens integriert», sagt Shivani, «es bedeutet mir viel, ab sofort ganz dazuzugehören und mitreden zu dürfen.»

Zentrum für internationale Ausbildung

«Als Familie haben wir 10 Jahre lang in internationalen Grossstädten wie Houston (USA), Dubai und Kuwait gelebt, bevor wir in die Schweiz kamen. Als ich die Stelle der AquaSwiss AG in Frauenfeld antrat, dachte ich, dass unser Aufenthalt in der Schweiz etwa 5 Jahre dauern würde. Doch der Job hat gut funktioniert und Shivani war so glücklich in der ISKK, sowohl mit den akademischen Inhalten als auch mit der freundlichen Umgebung, dass wir blieben. Sie hat sich nicht nur gut eingelebt, sondern eine Persönlichkeit entwickelt, die eine einzigartige Kombination aus schweizerischen und multikulturellen Werten ist. Die ISKK spielt eine große Rolle dabei, internationale Investoren und Fachkräfte in die Ostschweiz und nach Konstanz zu locken, da sie in dieser Region das einzige glaubwürdige Zentrum für internationale Ausbildung ist.»

Sanjeev Varma, Vater von Shivani

 

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